
Das Grab des Totenbettes
Das Grab des Totenbettes
Das Grab des Totenbettes
Audiotranskription
Es empfängt uns ein Raum in den warmen Farben von Ocker, Rot und Orange, während an der Basis der Wände ein von Wellen bewegtes und von springenden Delfinen bevölkertes Meer uns ringsum zu umgeben scheint, welches die Reise der menschlichen Seele darstellt, die über die Säulen des Herkules hinausgeht. Ein Symbol, das in der Antike als direkter Weg ins Jenseits galt.
Als würden wir in die tatsächliche Grab-stätte eintreten, öffnet sich vor uns ein rechteckiger, schmaler und langer Raum mit schrägem Dach, komplett mit Szenen von Festen, Spielen und Tänzen bemalt, dessen Mittelpunkt jedoch ein leerer Katafalk einnimmt, auf dessen Oberfläche sich zwei mit Girlanden geschmückte konische Kopfbedeckungen befinden. Ein Himmelbett erwartet auf die Dioskuren, Kastor und Pollux, Söhne des Zeus, und stellt damit die Theoxenie dar, das Ritual der Gastfreundschaft den Gott-heiten gegenüber, die zum heiligen Festmahl erwartet wurden.
Die beiden mythologischen Gestalten durften abwechselnd einen Tag im Olymp und einen im Hades verbringen. Die unzertrennlichen Zwillinge wurden von Leda in jener Nacht gezeugt, als sie sich erst mit Zeus, der sich in einen Schwan verwandelt hatte, und dann mit ihrem Ehemann, dem spartanischen König Tyndareos, vereinte. Kastor, ein geschickter Wagenlenker und Athlet, war sterblich, während Pollux, ein talentierter Faustkämpfer, unsterblich war. Als Kastor starb, brachte Pollux’ Schmerz ihn dazu, den Göttervater zu bitten, ihm das Privileg der Unsterblichkeit zu nehmen, damit sein geliebter Bruder aus dem Reich der Toten zurückkehren konnte. Eine Besonderheit, die beide dazu in den Augen der etruskischen Zivilisation geeignet machte, in den Bildern, die eine Grabstätte schmückten, dargestellt zu werden, da sie täglich dazu bestimmt waren, die Schwelle zwischen Leben und Tod zu überschreiten.
Das Bestattungsritual selbst war nicht nur ein Augenblick des Gedenkens, sondern auch ein Anlass für eine Feier, um den Übergang eines geliebten Menschen ins Jenseits zu zelebrieren. So sehr, dass um das Bett und an allen Wänden sportliche Aktivitäten wie Diskuswerfen, Boxen, Pferderennen, Tanz- und Musikdarbietungen sowie Darstellungen von Dienern und Reitern gemalt wurden. Diese Bilder, die den Tod täuschen und die Seele des Verstorbenen in einem in den Felsen gehauenen Raum bewahren sollten, der an die heimische Architektur angelehnt war, verdeutlichen die zentrale Rolle der Malerei bei der Vermittlung von Mythen und Geschichten sowie sozialen, sportlichen und religiösen Aspekten, die tief mit dem Alltag der damaligen Gesellschaft verbunden waren.
Diese Elemente werden uns auch im Verlauf der Ausstellung begegnen, zu der wir uns nun begeben, indem wir den Anweisungen im nächsten Kapitel folgen und uns in den oberen Stock bewegen.